Liebe Leserinnen und Leser!
Im heutigen Blogbeitrag möchte ich Ihnen, möchte ich euch, diese fünf Schritte, die dabei helfen sollen, die zum Teil erlebten Traumata und die intensiv erlebte Trauer, die aber leider immer noch bei sehr vielen als „stille Trauer“ ausgelebt wird, zusammenfassen. Es ist mir und es ist uns von der Österreichischen Lebensbewegung ein großes Anliegen, Ihnen und euch, diese fünf Schritte vorzustellen.
Erster Schritt:
Die Frau – und ja, auch der Mann – sagen „Ja“ zu ihrem Schmerz. Dieses Ja kann anfänglich sehr klein sein und doch ist es ein Ja! Anstatt jedes Mal, wenn der Schmerz kommt, das Unangenehme zu betäuben und gleich Ausreden zu suchen, die das Leiden bagatellisieren und im Grunde leugnen, hat die Frau oder der Mann den Mut den Schmerz zuzulassen und anzunehmen und sich somit dieser Trauer bewusst zu machen. Ja, es geht mir schlecht. Vielleicht dauert es eine Zeit bis schließlich der Mut gefunden wird auch wirklich über diesen Schmerz zu sprechen. Aber dieser Schmerz hat mit der Abtreibung zu tun. Wenn dieses „Ja“ erstmal ausgesprochen ist, dann kann es sein, dass der Schmerz gleichsam wie ein roter Faden ist, der in das Dunkel des Labyrinths hineinführt.
Zweiter Schritt:
Die Frau oder der Mann nennen das Vergangene beim Namen. Ein Kind und zwar IHR Kind wurde durch die Abtreibung getötet. Kein Zellhaufen wurde entfernt, kein unbestimmtes Etwas wurde wegoperiert und keine Schwangerschaft unterbrochen. Es kann sein, dass die Frau in der neunten Schwangerschaftswoche abgetrieben hat und dass die Behauptung ihrer Umgebung, in diesem Stadium sei der Embryo noch kein Mensch, den Ausschlag für sie gegeben hat, sich für diesen Schritt zu entscheiden. Jetzt wird dieselbe Frau wahrnehmen, dass sie vielleicht einer Lüge aufgesessen ist. Ihr gehen im buchstäblichen Sinne die Augen auf und sie konfrontiert sich mit der Wahrheit.
Dritter Schritt:
Die Frau oder der Mann gestehen sich ihre Schuld und sie trauern. Durch die Zustimmung zur Abtreibung hat sie, hat er die Zustimmung zur Tötung des eigenen Kindes gegeben und damit schwere Schuld auf sich geladen. Schuld ist allerdings nicht zu verwechseln mit Scham. Der Schuldige bekennt, ich habe etwas Böses getan. Wer sich schämt, meint oftmals, er selbst sei böse. Die verdrängte Schuld, die projizierte Schuld oder aber auch die gerechtfertigte Schuld machen früher oder später krank. Die betroffene Frau oder der betroffene Mann wissen nach der Abtreibung erstens, dass sie nicht unschuldig sind und zweitens, dass die damalige Ausweglosigkeit keine absolute war und zum dritten bewirkt der aufbrechende Heilungsprozess, dass sich die beiden der Wahrheit stellen, die tatsächlich absolut ist.
Niemandem steht es zu, sich als Herr über Leben und Tod aufzuspielen. Das Leben ist unverfügbar und unantastbar. Das heißt, es ist ein sehr wichtiger Schritt, dass die Frau beziehungsweise der Mann, ihren oder seinen realen Anteil an der Schuld wahrnimmt und sich dazu bekennt. Der Schmerz der Erkenntnis und der Trauer nimmt das Falsche hinweg, um das Rechte freizulegen und neu aufzubauen. Daher ist es so wichtig, sich mit dieser Trauer auch wirklich auseinanderzusetzen. Der Schmerz ist Heilung, ist Öffnung, führt ins Freie. Die Wahrnehmung und Therapie der eigenen Schuld ist somit für den Heilungsprozess essentiell, es ist allerdings wichtig, dass die beiden auf diesem Weg behutsam begleitet werden. Nun ist der nächste Schritt, dass die beiden diese Schuld wieder loswerden wollen.
Vierter Schritt:
Die Frau und der Mann wünschen sich Versöhnung. Versöhnung ist ein umfassendes Geschehen und vollzieht sich auf mehreren, miteinander in Beziehung stehenden Ebenen. Versöhnung richtet sich auch und maßgeblich auf das getötete Kind. Es gehört zum selbstverständlichen Bestand jeder Kultur den Tod eines geliebten Wesens zu betrauern. Dass westliche moderne Gesellschaften diesen naturgemäßen Trauerprozess stören, indem sie dem getöteten Kind die menschliche Würde absprechen, wirkt sich auf die Betroffenen meist verheerend aus.
Die Heilung der Abtreibungswunden durchbricht das gesellschaftlich verhängte Tabu und führt die Frau beziehungsweise den Mann zur Bejahung ihrer tiefsten Reaktionen: des Schmerzes über das abgetriebene Kind, des Mitleids dem getöteten Kleinen gegenüber, der Trauer über die verleugnete Mutter- oder Vaterschaft und das nicht rückgängig Machbare. Heilung bedeutet aussprechen. Vater und Mutter nehmen die Beziehung zu ihrem Kind auf. Sie heißen es willkommen, sie nehmen es an und sie trauern um seinen Tod. Sie danken ausdrücklich für das Kind, das sie damals abgelehnt haben. Sie nehmen das Kind in ihrer Vorstellung jetzt in den Arm, sagen ihm warum sie es einst falsch behandelt haben und bitten es um Verzeihung. Sie schreiben ihm eventuell einen liebevollen Brief, sie beten für das Kind in einer Gedenkfeier oder vertrauen es seinem Schutzengel an. Die Versöhnung mit dem Kind leitet hin zur Versöhnung mit anderen Personen, die vielleicht zur Abtreibung gedrängt oder geraten haben und gleichfalls mitschuldig geworden sind. Gleichwohl haben das Herauslassen der eigenen Wut oder der Tränen einen sehr reinigenden Charakter. Die vermutlich schwierigste Phase im Versöhnungsprozess ist diejenige sich selbst zu vergeben. Jeder, der in der Beratung, Seelsorge oder im therapeutischen Bereich tätig ist, weiß darum, dass es wirklich oft großer Mühe bedarf sich selbst verzeihen zu können.
Fünfter Schritt:
Die Frau oder der Mann wählen das Leben. Die beiden wollen nun ihre mütterlichen oder väterlichen Wünsche neu verwirklichen und dies nicht aus verqueren Schuldgefühlen, sondern aus dem freien Willen heraus, dem Leben neu zu dienen und ihr Frau-Sein beziehungsweise Mann-Sein ganz anzunehmen und zu bejahen. Da nun aber das abgetriebene Kind fehlt, wird die Frau oder der Mann versuchen, die Zeit und die Liebe, die sie dem abgetriebenen Kind gewidmet hätten, anderen zuzuwenden. Sie wählen jetzt das Leben, das sie einstmals verneinten und durch diese Wahl eröffnet sich ihnen die Schönheit und Vielfalt des Lebens. Beispielsweise helfen einige Frauen anderen durch Abtreibung gefährdeten Frauen. Sei es, dass sie öffentlich Zeugnis geben, sei es, dass sie die Beziehung zueinander, zum Ehemann oder Partner, besonders wenn dieser in die Abtreibung verstrickt war, klären und radikal erneuern oder sei es, dass sie dankbar eine neue Schwangerschaft anstreben. Egal welche Entscheidungen die Frauen und Männer nun treffen, sie sollten in jedem Fall lebensbejahend sein.
Gewiss ist das Hineingehen in den Heilungsprozess mit Schmerzen verbunden. Eine Betroffene, die Heilung erfuhr, schreibt an Frauen, die nach einer Abtreibung trauern, Folgendes: „Ich will dich nicht belügen. Es war ein schwieriger Weg. Du musst dich ehrlich anschauen und es ist erschreckend den vielen Fehlern, die wir haben, ins Auge zu sehen. Aber die Frau erfährt das Heilsame des Schmerzes, der echt ist und reinigt. Und egal wie anstrengend der Weg sein wird, es ist auf keinen Fall so hart wie all das was du derzeit durchmachst!“
Und schließlich können Frauen und Männer über den Weg der nicht verdrängten Schmerzen sowie deren Linderung und Lösung oft Zugang zu längst verschütteten Quellen finden. Wohin immer die Heilung der Abtreibungswunden führt, wenn man den Weg in aller Ernsthaftigkeit und Wahrhaftigkeit weitergeht, kommt man unweigerlich zu einem tiefen Nachsinnen über den Wert des eigenen Lebens.
Ich wünsche euch wie immer einen wunderschönen Abend, eine gute Nacht oder einen wunderschönen Morgen,
wann immer ihr diesen Blog lest.
Eure Rosa Blume
[Quelle: "Fünf Schritte - Die Heilung der Abtreibungswunden" von Manfred M. Müller, Immaculata Verlag]
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