Liebe Leserinnen und Leser!
Heute bin ich wieder beim Weißen Kreuz, diesmal sind wir zu fünft im Gespräch und wir reden über verschiedene Etappen in Beziehungen, Herausforderungen von einerseits der Eheschließung, wo man sich entscheidet, ein ganzes Leben miteinander zu verbringen bis zu einem Kind, das man gewollt hat oder eben nicht oder zumindest nicht geplant hat und wie man damit umgehen kann, bis hin zu man möchte ein Kind und man schafft es nicht, weil ein Kind sich nicht planen lässt und man auf einmal merkt, es geht doch nicht, ein Kind zu planen und man muss froh sein, wenn es kommt. Über all diese Themen wollen wir heute sprechen und dabei den Fokus auch darauf zu setzen, wie das für die Beziehung auch war. Wie ging jeder damit um? Wir sitzen hier zu fünft, es sind wieder Martin Böhls und seine Frau Dorothea und Ernst Brugger und seine Frau Brigitte da. Wie lange seid ihr nun verheiratet, Martin?
Martin: 12 Jahre.
Barbara: Und ihr beide?
Brigitta: 46 Jahre.
Barbara: Das heißt, wir haben hier zwei verschiedene Etappen, zwölf Jahre ist ja auch diese Zeit, wo viele Ehen oder Beziehungen auch eine große Krise haben, was ich beobachtet habe. Es gibt ja viele Etappen, aber viele Paare trennen sich so ungefähr nach zwölf bis fünfzehn Jahren. Aber so wie ich das sehe, habt ihr eh eine gute Ehe, das steht bei euch gar nicht an. Dorothea, du hast gemeint, für dich war der schwierigste Moment gar nicht der, wo die Kinder gekommen sind, sondern sich für die Ehe zu entscheiden.
Dorothea: Ja, genau. Also ich sehe Krise als Chance sich für etwas zu entscheiden in einem sehr einschneidenden Moment im Leben, da gehört der Tod dazu, da gehört aber auch die Entscheidung dazu, sich mit einem Menschen zusammen zu tun und langfristig eine Zukunft zu planen – in unserem Fall war es die Ehe. Das war für mich tatsächlich die größere Umstellung, weil ich bis dahin sehr lange single war, ich habe erst mit 30 geheiratet. Deshalb war es für mich wirklich die größere Herausforderung, als nachher dann ein Kind zu bekommen und schwanger zu sein und sich auf das Kind einzustellen.
Barbara: Wie lange wart ihr zusammen, bevor ihr geheiratet habt?
Dorothea: Wir haben uns während des Studiums kennengelernt und haben uns also schon vier Jahre gekannt und waren ein Jahr zusammen, bevor wir geheiratet haben.
Barbara: Und wie war das für dich, Martin?
Martin: Für mich war es umgekehrt. Es gibt ja ein Buch über die fünf Sprachen der Liebe und eine Sprache, die für mich sehr wichtig ist, ist die Zweisamkeit und da spielt die Ehe natürlich gut rein. Ich habe es sehr genossen, verheiratet zu sein und auch diese Zweisamkeit zu erleben und dann kam plötzlich das erste Kind und dann war es plötzlich ein bisschen mit der Zweisamkeit vorbei. Das war für mich eine große Umstellung. Sicher spielte dann auch noch mal eine Rolle, dass das erste Kind nicht so gerne kuschelte, der Zweite jetzt schon und beim Zweiten genieße ich das dann schon, dass ich mit ihm dann auch ein bisschen kuscheln kann, aber am Anfang war das schon eine ziemlich große Umstellung für mich.
Barbara: Wie habt ihr diese Umstellung bewältigt oder ist dir das überhaupt aufgefallen, Dorothea?
Dorothea: Ja, natürlich schon. Ich glaube, das Wichtigste ist aber einfach darüber zu reden und zu sagen, ah was passiert jetzt und wie geht es dir damit? Natürlich ist man als Mutter auch viel näher am Kind dran als der Vater, der ja nicht neun Monate (direkt) schwanger ist. Also einfach darüber zu reden, was sind deine Erwartungen, wie geht es dir damit und da sind wir eigentlich immer sehr schnell auf den Punkt gekommen, ah für mich ist das die größere Umstellung als das und dann einfach auch darauf zu schauen, wie man die jeweiligen Bedürfnisse auch wieder einbauen kann.
Barbara: Wie habt ihr das bewerkstelligt?
Dorothea: Das ist eine gute Frage, weil wir nämlich niemanden hatten, dem wir unser Kind dann auch mal abgeben konnten, als es ein bisschen größer war. Haben wir es bewältigt? Das ist eine gute Frage.
Barbara: Wie alt sind eure Kinder jetzt eigentlich?
Dorothea: Neun und drei.
Barbara: Und wie lange wart ihr verheiratet, bevor das erste Kind kam?
Dorothea: Drei Jahre.
Barbara: Habt ihr es darauf angelegt oder habt ihr einfach geschaut, wenn es kommt, kommt es, wenn es nicht kommt, dann eben nicht?
Dorothea: Nein wir haben es schon darauf angelegt.
Barbara: Martin, du warst aber auf die Umstellung nicht wirklich vorbereitet, trotzdem ihr es geplant hattet?
Martin: Nein, nicht so ganz, obwohl ich zum Frauenarzt mitgegangen bin und ich mich natürlich auch darauf gefreut habe, aber es war eine Umstellung und ich war nicht ganz vorbereitet.
Barbara: Was ich bei einigen Männern festgestellt habe, die Väter werden und die sich auch auf das Kind freuen und alles dafür tun würden, aber sie können am Anfang gar nichts damit anfangen und haben dann auch ein total schlechtes Gewissen, weil sie dieses Kind zwar lieben, aber es irgendwie nicht fassen können oder nicht wissen, was sie damit tun sollen. War das bei dir auch so?
Martin: Ja, das war auch so. Die Mutter hat sicherlich nochmal eine andere Bindung an das Kind, allein schon durch die Schwangerschaft. Ich erinnere mich noch, als dann das Kind gekommen ist, habe ich Tabellen entworfen wie dann der Stillabstand war, das war dann für meine Frau dann ein bisschen stressig, aber das war so meine Art und Weise, da in die Vaterrolle gut hinein zu finden. Da habe ich halt versucht, kreative Wege zu finden.
Dorothea: Ich habe früher immer gesagt, vier Kinder wären super, zwei oder vier, am liebsten eine gerade Zahl und wir haben dann aber gemerkt, vier würden uns vielleicht gar nicht gut tun. Also weniger deswegen, weil wir es nicht schaffen würden, sondern weil wir gemerkt haben, dass wir irgendwann mal wieder unsere Freiheit brauchen. Wir haben uns dann auch die Frage gestellt, wie viele Kinder uns gut tun würden, wenn wir es uns wünschen könnten. Und dann war eigentlich schnell klar, dass zwei optimal wären für unsere persönliche Konstellation. Also das Thema kam dann auch hoch und das hat sich für uns beide dann echt bewährt. Es ist natürlich schön, dass das so aufgegangen ist.
Barbara: Aber was wäre, wenn jetzt noch ein drittes käme?
Dorothea: Das wäre echt schwierig und absolut nicht gut, das wäre absolut nicht im Plan. Da gibt es Gott sei Dank ja auch Vorgehensweisen wie man das weitestgehend verhindern kann.
Barbara: Das heißt, für dich wäre ein drittes Kind ein echter Schock. Aber jetzt stell dir mal vor, du kriegst es? Das wäre dann dieses typische Menopausen-Kind. Du glaubst, du bist in der Menopause und wirst dann doch nochmal schwanger mit dem Dritten. Du würdest es ja sicher nicht abtreiben, oder schon?
Dorothea: Nein, ich würde es sicher nicht abtreiben, das stimmt, auf Grund meiner Haltung. Ich habe ja schon zwei bekommen und da passiert ja was mit einem als Frau, wenn man ein Leben in sich trägt. Natürlich habe ich den Vorteil, dass wir als Ehepaar auch ein super Team sind und ich weiß, mein Mann kann wickeln und kochen, er kann gut mit Kindern umgehen und wir können uns ergänzen. Da ist natürlich die Hemmschwelle eine geringere.
Barbara: Aber du würdest im Moment das Gefühl haben, dass es eine echte Herausforderung wäre, mehr als die ersten beiden?
Dorothea: Absolut, ich bin jetzt einfach 43, da ist es für mich jetzt einfach beruflich und auch vom Alter und den Nerven her einfach anders. Es ist gut zu wissen wo die Grenzen sind, persönlich einfach auch und da ist es gut zu wissen, dass die zwei jetzt aus dem Gröbsten heraus sind.
Barbara: Aber gerade weil die beiden ja jetzt schon aus dem Gröbsten draußen sind, könnten die beiden ja in Wirklichkeit schon ein bisschen mithelfen. Ich bin ja ein drittes Kind und ich habe zwei ältere Brüder und mein ältester Bruder ist neun Jahre älter als ich und der war für mich wie ein Papa-Ersatz. Der hat mich in Wirklichkeit viel mehr erzogen als die Eltern, ich meine, die haben schon auch erzogen, aber der war viel strenger und wir haben viel mehr auf ihn gehört. Sehr zu seinem Leidwesen, wie er immer sagt, er wollte nicht so früh Papa sein, aber wir haben wahnsinnig viel von ihm gelernt, auch von meinem anderen Bruder, der vier Jahre älter ist. Wir hatten ein super Verhältnis. Ein drittes Kind ist praktisch ein gemachtes Nest. Das angenehme ist, die Eltern haben nicht mehr so viele Nerven einen zu erziehen und machen dementsprechend dann aber auch nicht so viel Blödsinn. Also jetzt mal aus Sicht eines dritten Kindes: Es ist sehr angenehm, man kann in Ruhe seine Sachen machen, die älteren Geschwister haben schon die ganzen Nerven der Eltern aufgebraucht, dann sind sie nicht mehr so streng, aber man hört eh mehr auf die älteren Brüder als auf die Eltern.
Martin: Ja, das merkt man schon beim zweiten Kind.
Barbara: Martin, wie wäre für dich ein drittes Kind, wenn wir schon bei der Thematik sind? Denn das ist eine Thematik, die viele Frauen betrifft und viele haben irgendwie dann das Gefühl, dass das dritte Kind gerade überhaupt nicht passt und es gibt auch Männer, bei denen das so ist. Ich kenne dann aber auch andere, beispielsweise bei meinem Bruder ist das so, wo das dritte Kind einfach mitläuft.
Martin: Klar haben wir jetzt eine Vorstellung von der Anzahl der Kinder. Jeder macht sich da natürlich so seine Gedanken und das wäre jetzt natürlich ungewohnt, dass jetzt ein drittes Kind kommen würde. Aber trotzdem wäre ich dem jetzt glaube ich positiv aufgeschlossen. Ich kenne jetzt auch einige aus meinem Umfeld, die ungeplant ein drittes Kind bekommen haben und das sind coole Kinder und die Eltern freuen sich natürlich über ihre Kinder. Von dem her sehe ich es jetzt auch nicht negativ, ich würde mich da mehr darauf freuen.
Barbara: Wie war das denn bei euch beiden? Wie viele Kinder habt ihr denn?
Brigitte:
Wir haben drei. Das dritte Kind war bei uns voll geplant, das erste Kind ist bei uns fünf Jahre älter als die nächsten
beiden.
Nach dem ersten Kind haben wir eigentlich schon gesagt, wir möchten eigentlich keines mehr, aber nicht weil wir das Kind nicht wollten, sondern weil ich die Geburt nicht wollte. Die Geburt war
sehr anstrengend und das war eigentlich der einzige Grund, bis wir dann gemeinsam gesagt haben, das kann es jetzt aber doch nicht sein, dass man Schmerzen vorschiebt und deshalb eigentlich keine
Kinder mehr bekommt. Wir wollten grundsätzlich schon mehr Kinder. Deshalb waren die nächsten beiden schon sehr geplant und die kamen dann nicht gleich. Wir mussten darauf warten. Wir haben dann
die Messmethode angewendet, damit wir wissen, wann ich schwanger werden kann. Dazwischen gab es eine Fehlgeburt. Das war ganz traurig und dann eben die große Freude, als ich wieder schwanger war.
Dann habe ich alles getan, damit das Kind es gut hat und beim dritten war es genau gleich. Die beiden sind auch nur eineinhalb Jahre auseinander. Ich bin natürlich auch voll Mutter, ich liebe es,
Mutter zu sein! Ich habe das erste Kind fast vergöttert, es ist fast schon gefährlich das zu sagen, aber es stimmt, ich habe mich einfach irrsinnig gefreut und bin voll aufgegangen. Ich habe auch
überlegt, was ich mit dem Kind alles unternehmen werde und ich habe einfach schon viele Pläne und Ideen gehabt und das war beim zweiten und dritten genauso.
Bei mir war es ein bisschen umgekehrt, dass das dritte Kind so ein bisschen mitläuft. Es ist eben auch mitgelaufen, hat mir aber sehr wehgetan, weil ich gedacht habe, das Kind braucht ja mich genauso wie die anderen beiden. Und ich habe dann schon auch versucht, das auch ein bisschen auszugleichen, damit das dritte auch das Gefühl hat, ich bin das Wichtigste.
Barbara: Wie war das denn für dich, Ernst?
Ernst: Ich habe vorhin gerade überlegt, irgendwo sind wahrscheinlich generationsmäßig viel größere Unterschiede, weil sich vielleicht im Denken ganz viel verändert hat. Gefühlsmäßig kommen wir noch aus einer Generation, wo mehr Kinder noch ein Stück weit akzeptierter waren. Ich meine, bei uns war einfach auch die Angst von Brigitte vor einer weiteren schwierigen Geburt. Andererseits waren damals ja auch die ganzen Studentenunruhen in Deutschland und Frankreich und so weiter, es war so eine Endzeitstimmung und in dieser Phase habe ich gesagt, ich möchte kein Kind mehr in diese Welt setzen, das ist mir zu risikoreich.
Barbara:
Das ist eigentlich sehr spannend, denn wir sind ja auch jetzt wieder in einer Umbruchsphase, gesellschaftlich und auch
politisch und diese Umbruchsphase ist offensichtlich. Es geht irgendwie ein Zeitalter zu Ende und es gibt wirklich auch viele Leute, die Angst haben und sagen, es ist alles so unsicher, sie
können jetzt eigentlich kein Kind in die Welt setzen und es ist interessant, weil du das jetzt auch für deine Zeit sagst.
Wie habt ihr dann doch drei Kinder in die Welt gesetzt?
Ernst: Es war natürlich schon so, dass wir die Entscheidung getroffen habe, dass Gott ein Teil unseres Lebens ist und somit ist dann auch eine Zukunftsperspektive entstanden, die unser Denken total verändert hat. Für uns gab es einfach eine andere Sicherheit, wo wir dann auch den Mut bekommen haben zu sagen, es gibt eine höhere Macht, die über allem steht.
Barbara: Es ist ja letztlich auch nichts Schlimmes mit euren Kindern geschehen, trotz der schwierigen Umbruchszeit, oder?
Ernst: Nein, natürlich nicht. Im Rückblick ist es immer einfach.
Barbara: Ich meine nur, es ist vielleicht auch gut zu hören, dass sich diese Ängste auf Grund der Endzeitstimmung eben nicht bewahrheitet haben.
Ernst: Ja das ist wahr. Aber hätten wir zum Beispiel in den 30er Jahren gelebt, hätte es durchaus anders ausgesehen. Wir hatten das Glück in einer Situation zu sein, dass das Schlimmste nicht eingetreten ist.
Barbara: Aber das weiß man ja vorher nie. Wir wissen ja auch nicht, ob unsere Ängste heutzutage, die so diffus im Raum hängen, manche vielleicht berechtigt, manche unberechtigt, ob die sich wirklich bewahrheiten. Im Endeffekt ist es ja unsere gemeinsame Entscheidung, ob sie sich bewahrheiten oder nicht. Es muss sich nicht bewahrheiten, es hängt davon ab, wie wir alle agieren.
Ernst: Manchmal denke ich, dass wir ein Stück weit unsere eigenen Prophezeiungen erfüllen, also dass wir quasi in der Schiene drinnen
stecken und dementsprechend auch reagieren.
Bei mir war es auch so, dass es lange gedauert hat, bis ich einen Zugang hatte, zumindest beim ersten Kind war das so, also genau gleich wie bei dir, Martin.
Barbara: Wie lange hat es gedauert, bis du einen Zugang zu deinem Kind hattest?
Brigitte: Bis sie gelächelt hat.
Ernst: Ja genau, das dürfte so um die sechs bis acht Monate herum gewesen sein, weil vorher konnte ich nichts damit anfangen. Sie hat die meiste Zeit nur geschlafen und wenn sie wach war, wurde sie gestillt, aber dann, als sie angefangen hat zu lachen, zu spielen, mit den Händen zu greifen und so, da hatte ich dann auch einen Zugang zu ihr.
Brigitte: Hm, vielleicht war es dann doch schon mit vier Monaten.
Ernst: Ja, das kann sein, es ist ja auch schon lange her.
nächste Woche geht es weiter mit dem 2. Teil!
Für heute einen wunderschönen Tag oder eine gute Nacht!
Eure
Rosa Blume