Liebe Leserinnen und Leser!
Heute habe ich als Interviewgast wieder Christian Sattler, wir sind jetzt beim 2. Teil des Interviews. Und wollen damit gleichzeitig auch ein Projekt vorstellen, das Christians Herzensprojekt ist und dass wir bei uns in der Lebensbewegung jetzt anfangen. Lieber Christian.
Christian: Hallo Barbara.
Barbara: Vielleicht fangen wir gleich an, es geht um Männergruppen. Um die Männer zu ermutigen, ihre Vaterschaft auch wirklich zu genießen und auch einzufordern, um Vater sein zu dürfen für die eigenen Kinder. Du machst das aufgrund deiner eigenen Erfahrung, weil du festgestellt hast, als deine Zwillinge geboren sind, dass du peu à peu in den Hintergrund geraten bist, aber nicht nur als Mann, sondern auch als Vater. Und du eigentlich wahnsinnig vermisst hast, eine Chance auf exklusive Zeit mit deinen Kindern zu verbringen ohne dass die Mutter ständig im Rücken oder im Nacken sitzt.
Christian: Ja das hast du gut formuliert. Aber wenn man noch einen Schritt nach hinten geht. Was mich grundsätzlich berührt hat, die Rolle Vater sein. Was bedeutet das für Männer, es ist ein irrsinniger Einschnitt im Leben eines Mannes, grundsätzlich natürlich auch eines Paares. Auch die Rollenverteilung am Anfang. Das Kind wächst natürlich im Bauch der Mutter auf, ist also die erste Bezugsperson und baut eine entsprechende Bindung auf zu dem Kind, was natürlich schon beginnt, wenn das Kind im Bauch heranwächst. Der Vater ist erst dann gefordert, wenn das Kind auf der Welt ist, und das ist natürlich ein einschneidendes Erlebnis, weil am Anfang die Bindung noch nicht so da ist wie bei der Mutter. Es ist für den Mann, dem Vater ein wunderschönes Erlebnis, aber es gibt Punkte, die für Männer eine Herausforderung sind. Die Rolle des Vaters anzunehmen. Ich habe die Erfahrung gemacht und auch im Gespräch mit Männern habe ich herausgefunden, dass Männer Zeit brauchen, sich auf diese Lebenssituation einzustellen. Jetzt ist man als Paar nicht mehr zu zweit, ganz ein Randthema ist das Thema Beziehung, aber man ist im Endeffekt dann zu Dritt. Und es gilt gemeinsam, also dieses Herzensprojekt als Ziel, alle Bedürfnisse des Kindes zu stillen. Und vorrangig natürlich die Mutter gefordert ist, weil einerseits Aufbau der Bindung und andererseits verbringt sie auch mehr Zeit mit dem Kind wie natürlich ein Vater, wo die klassische Rolle ja ist, der Vater geht arbeiten, ist in der Regel zwischen 8-10 Stunden außer Haus und nur abends Zeit sich dem Kind anzunehmen. Jetzt sieht man also schon die Verteilung der Zeit. Die Mutter hat das Kind 24x7, absolut unglaublich was die Mutterrolle bedeutet. Der Vater kommt abends nach Hause und wenn es gut geht, hat er am Abend diese exklusive Zeit. Und da sind wir bei dem Thema Barbara, was du vorher angesprochen hast, nämlich exklusive Zeit für das Kind. Das ist ein unglaublich wertvoller Punkt, wobei ich sage, das braucht natürlich seine Zeit, dass Kind, das Baby ist am Anfang einfach mehr angewiesen auf die Mutter. Ist auch mehr die Mutter gewöhnt. Aber irgendwann einmal, wenn der Vater dementsprechend auch die Vaterrolle wahrnimmt, sich auch identifizieren kann, sich rein lebt, dann ist das eine der größten Punkte, was mich bewegt, dass man auch als Vater, das Vater sein gestalten kann, dass man exklusive Zeit mit dem Kind verbringt. Man kommt als Vater nach Hause und hat die Möglichkeit wirklich die Stunden bis zum Schlafen gehen, also auch das Kind hinzulegen, ist glaube ich für den Vater ein unglaubliches Erlebnis. Was ich vielleicht nicht so habe ausleben können, aber ich nach Möglichkeiten gesucht habe, das entsprechend auszuleben.
Barbara: Jetzt kannst du es ja.
Christian: Jetzt habe ich meine Kinder mindestens exklusiv einen ganzen Tag bei mir. Es mischt sich kein Mensch rein, und es ist gut abgesprochen mit der Mutter. Ich habe exklusive Zeit, von der Früh bis zur Nacht, die ich mit den Kindern verbringen kann.
Barbara: Und wie du vorher auch schon erzählt hast, ist das für dich das Wunderschönste.
Christian: Absolut, ja.
Barbara: Ich habe ja bei ganz unterschiedlichen Paaren ganz unterschiedliche Varianten beobachtet, wie sie das gemeistert haben eben genau diese Zeit. Es ist natürlich immer wunderbar, wenn ein Paar das natürlich meistert. Und es gibt Gott sei DANK sehr viele Paare, die daraus keinen Skandal machen und deswegen auch gut über die Runden kommen und dass auch schaffen. Aber es gibt auch Paare, wie bei dir, wo das nicht so geglückt ist. Dass die Mutter das Kind auch zum Vater hat gehen lassen. Ich habe bei meinen Brüdern gemerkt, ich habe drei Brüder, somit auch sechs Neffen, momentan, es werden noch mehr werden und ich bin extrem angetan, wie meine Brüder das mit ihren Frauen gemeistert haben. Sie haben sich das so eingeteilt, dass meine Brüder also die Männer gesagt haben, sie möchten auch Zeit mit dem Kind haben. Und meine Frau braucht auch Zeit für sich, weil die hat eh dauernd das Kind, also gibt es die Zeit gemeinsam zu Dritt, oder Viert oder Fünft und es gibt die Zeit immer exklusiv mit dem einen. Und so konnten meine Schwägerinnen laufen, Sport machen oder Zeit für sich haben oder eine Freundin treffen. Und das ist ja etwas Wunderbares.
Christian: Absolut und ich gönne das wirklich jeder Frau, die das Angebot bekommt und auch annimmt, das Kind wirklich dem Vater für eine exklusive Zeit zu geben. Und ich glaube das ist auch eine Frage des Vertrauens. Dass auch Mütter das Vertrauen gewinnen, dass der Vater entsprechend seiner Vaterrolle handelt und was das Kind betrifft, schaut, dass es ihm gutgeht. Meiner Meinung nach ist es dann wirklich der Vertrauensaufbau, wo natürlich ein Konfliktpotential dahinter ist das Kind exklusiv dem Vater für eine gewisse Zeit zu geben.
Barbara: Die Negativbeispiele, die ich kenne, da hat es an unterschiedlichen Dingen gehapert, wo sich der Mann begonnen hat zurückzuziehen, länger zu arbeiten oder am Wochenende anstatt Zeit mit seiner Familie zu verbringen, dann auch am Wochenende mal weggegangen ist. Oder lieber mit Freunden etwas unternommen hat anstatt zu Hause zu sein bei den Kindern. Und hier habe ich in Gesprächen mit Männern herausgehört, dass es dafür zwei Beweggründe geben kann. Der eine ist die Flucht vor der Verantwortung, dass was man als Frau dem Mann unterstellt, der andere ist, dass man das Gefühl hat, ich bin da eh überflüssig.
Christian: Überflüssig würde ich da nicht sagen. Aus der Affäre ziehen…ich habe da eher am Radar das Beziehungsthema. Die Mutter hat eine Bindung aufgebaut und vielleicht zum Vater nicht so das Vertrauen was das Erziehungsthema betrifft. Und ich glaube, dass ist ein Punkt, der auch in Richtung Paarbeziehung geht. Dementsprechend eine Paarbeziehung leidet einmal darunter. Teilweise sind Bedürfnisse, die nicht mehr gestillt werden, die Beziehung funktioniert nicht mehr oder nicht mehr so reibungsfrei, und dann kann ich mir schon vorstellen, dass sich Männer zurückziehen. Wobei ich aber nicht das Kind als Grund im Vordergrund sehe, dass man nicht die Verantwortung übernehmen will, sondern grundsätzlich geht das schon in die Paarbeziehung. Wenn ein Vater die Möglichkeit hat und Verantwortung übernehmen möchte für ein Kind, wird er auch relativ rasch in die Vaterrolle kommen. Mit allen Höhen und Tiefen und in Summe natürlich ein unglaubliches Erlebnis. Also Zurückziehen meine ich, muss, wenn der Vater Verantwortung übernehmen will, andere Gründe haben. Und mutmaße ich dann was die Paarbeziehung betrifft. Andererseits gibt es auch andere Gründe. Natürlich gönnt man der Frau die Me-Time, die Frau soll die Möglichkeit haben ihre Freizeit zu genießen und für sich etwas tun. Andererseits muss man sich eingestehen, dass das ein Mann auch braucht. Der Mann ist im Normalfall 8 Stunden in der Arbeit, hat abends die Kinder, oder auch am Wochenende und wo bleibt dann die Me-Time für den Vater? Was meiner Meinung nach ein großer Individuums Anteil ist was entsprechend befriedigt werden muss. Und das ist Rückzug. Ich nenne Rückzug, dass ich auf mich schaue und reflektiere, wie geht es mir als Vater jetzt? Man muss sich vorstellen, das ist ein einschneidendes Erlebnis, was ein Mann für sich verarbeiten muss. Reflektieren muss, sich bewusst sein muss, dass er mal wieder rausgehen kann aus der Individuums rolle und ein guter Vater sein kann. Das sehe ich nicht als Rückzug, sondern ein gutes Ich-Bewusst sein zu haben und auf sich zu schauen. Das sind für mich zwei grundlegende Themen, was mit einer Verantwortung dem Kind gegenüber nichts zu tun hat.
Barbara: Gut, wir wissen, Mann und Frau sind unterschiedlich. Wenn ich mich so verhalten würde, dann hätte das diesen Grund. Man nimmt aber dann automatisch an, weil man den anderen auch gut kennt, oder vielleicht doch nicht so gut, wie man glaubt, dass man von dem was man früher erlebt hat, dass das bedeutet.
Christian: Dann sind wir wieder bei den Glaubenssätzen.
Barbara: Das war der 1. Teil des Interviews, der 2. Teil folgt nächste Woche.