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OP im Mutterleib - Erfahrungsbericht Frau Holle 2

Interview Teil 2 Familie Holle

Willkommen zu unserem Podcast „Schwanger – was jetzt“. Heute geht es weiter mit dem Interview mit der Familie Holle. Wir hören nun wie es weiterging, als sie nach Belgien fuhren, um dort die Operation im Mutterleib durchführen zu lassen.

 

Frau Holle:

Wir sind nach Hause, ich habe am Heimweg die Tickets geholt, dann Koffer gepackt und am nächsten Tag sind wir in den Flieger gestiegen nach Belgien. Ich war damals in der 19. Schwangerschaftswoche + 4 Tage. Das war halt nicht so ohne, gerade bei meiner Schwangerschaft, mit Flieger, Gepäck und dann noch mit den öffentlichen Verkehrsmitteln, zuerst mit der Schnellbahn und dann noch mit dem Bus. Es war dann 7 Uhr abends, als wir endlich in das Krankenhaus gekommen sind und ich war ja schon von der Früh weg unterwegs. Ich musste mich auch immer wieder hinsetzen, weil die Kinder schon auf die Lunge gedrückt haben und überall hin und das für mich sehr schwächend war.

 

Tara:

Klar, man wird kurzatmig.

 

Frau Holle:

Ja genau, ich hatte diese Kurzatmigkeit. Es war dann so, wir sind dort hingekommen, es war 7, halb 8 am Abend, ein Ärzte-Auflauf um mich herum, wo 5 Spezialisten auf meinem Bauch herumgezeichnet haben. Mit Ultraschall wurde dann geschaut, wo die beste Stelle ist um einzustechen, eben auch wegen dieser Vorderwandplazenta, die sich in Nähe der Bauchdecke befunden hat. Ja, das ist dann alles markiert, beratschlagt und mit mir noch besprochen worden. Ich bin dann tatsächlich am nächsten Tag drangekommen. Ich habe nur eine lokale Betäubung erhalten und habe auch die OP mittels Bildschirm am Monitor mitbekommen und gesehen, wie die Blutgefäße verödet wurden.

 

Tara:

Wie ging es Ihnen damit? Es ist sicherlich nicht ganz einfach so etwas zu sehen. Es gibt ja verschiedene Menschen, manche empfinden das als unangenehm, andere wiederum als sehr faszinierend.

 

Frau Holle:

Irgendwie habe ich es total interessant gefunden. Irgendwie war man in dem Moment sowieso nicht ganz zurechnungsfähig auf Grund der ganzen Emotionen, dass das zum Teil auch gar nicht so präsent war, wobei ich mir immer vor Augen gehalten habe, ein Zurück oder ein Daran- Zweifeln  gibt es sowieso nicht und ich deshalb da jetzt einfach durch muss und mit all meiner Kraft ankämpfen und das überstehen muss. Zweifel daran hatte ich eigentlich keine Sekunde. Teilweise war ich aber natürlich erschöpft und habe auch ein bisschen weggeschaut. Man hört immer dieses Piepsen vom Laser, nachdem so ein Blutgefäß durchtrennt oder verödet wurde. Natürlich bekommt man das ja nur abgeschwächt mit, weil man eben auch Mittel verabreicht bekommt. Aber man bekommt es eben schon mit. Der Arzt hat dann irgendwann gemeint, es dauert noch ein bisschen, wir haben schon 10 Blutgefäße durchtrennt. Gott sei Dank habe ich das in dem Moment noch nicht so mitbekommen was das eigentlich heißt, nämlich dass die OP noch lange nicht vorbei ist. Geheißen hat es ursprünglich, dass die OP eine Stunde bis eineinhalb Stunden dauern würde und da waren wir zu dem Zeitpunkt schon drüber. Mein Lebensgefährte versteht kein Englisch, er ist draußen gestanden.

 

Tara:

Ich wollte eh fragen, wie es ihm dabei ging und ob er auch dabei war?

 

Frau Holle:

Er hat gar nicht gewusst, was mit mir los war und auch nach drei Stunden hat er immer noch nichts gewusst, weil er eben kein Wort Englisch versteht. Die OP ist dann noch weiter gegangen. Ich hatte echt Glück und das war der einzige Halm an den ich mich in diesen dreieinhalb Stunden geklammert habe, in Belgien ist es so, dass es auch Deutschsprachige gibt und da war ein Arzt dabei, der konnte deutsch und mit dem habe ich mich ein bisschen verständigen können. Er hat mir dann gesagt, es ist jetzt das 20. Blutgefäß durchtrennt und sie haben da selber gerade gelernt daraus, weil so viele Blutgefäße bis dato noch nicht durchtrennt worden waren. Aber es war für mich auch gleichzeitig tröstend, weil er gesagt hat, es ist ja jetzt gleich vorbei. Sie schauen jetzt an der Plazenta noch einmal vor und zurück, ob sie keines vergessen haben, aber ich habe es gleich geschafft und es ist jetzt gleich vorbei. Es war dann irgendwie für mich auch beruhigend, dass ich ein bisschen gewusst habe, wie der Stand ist. Ich habe aber natürlich auch mitbekommen, dass das Ausmaß der OP gewaltig war. Es war dann vorbei und mein Lebensgefährte durfte zu mir kommen. Sie gaben mir dann sofort Medikamente, habe dann aber leider gemerkt, dass ich Wehen bekommen habe. Ich war aber so perplex, dass mir die englischen Vokabeln gar nicht eingefallen sind und ich mich gar nicht so ausdrücken konnte. Eine Ärztin hat aber sehr schnell verstanden, was ich meinte. Mich hat natürlich die ganze Situation nervös gemacht, ein fremdes Spital, nicht die eigene Sprache, nicht zu wissen, wie geht es jetzt weiter, verstehen die, was ich da jetzt sagen will? Da ich in Englisch aber eigentlich doch immer ganz gut war, habe ich das dann doch relativ gut hinbekommen. Ich habe dann gemerkt, dass durch diese Tokolyse die Wehen nachlassen und der Zustand besser wurde. Es war so, dass wir auch gleich den Rückflug gebucht hatten, weil wir das gleich festlegen mussten und der Rückflug war für Samstag festgelegt.

Die Ärztin meinte dann, man muss mal schauen, ob sich das mit dieser 72- Stunden- Tokolyse ausgeht. Es war unterm Strich so, dass die Damen dann am Samstag in der Früh gekommen sind und mich am Samstag in der Früh von diesem Tropf befreit hatten und meiner Meinung nach noch bis in die Früh diskutiert wurde, ob sie mich heimfliegen lassen oder nicht und ich eigentlich bis zum Schluss nicht gewusst habe, ob ich meinen Rückflug antreten kann. Nachdem das alles schon so knapp war, sind wir dann zum Flughafen gekommen und der Flug war schon angeschrieben. Es war dann noch eine große Menschenmenge da, die sich am Schalter angestellt hatten. Wir hatten dann Glück. Es war eine Reisegruppe und die Reiseleiterin hat dann gesehen, dass ich schwanger bin und es mir überhaupt nicht gut geht und sie hat mich an der Hand genommen und ist mit mir ganz nach vorne, sonst hätte ich meinen Flug verpasst.

 

Wir sind dann gut in Wien angekommen, ich habe immer wieder leichte Wehen beim Flug gespürt. Das Gefühl, in Wien anzukommen und gleich in ein nahe gelegenes Spittal kommen zu können, war ein sehr angenehmes Gefühl. Ich musste dann sowieso zur Kontrolle. Da haben mir dann die Ärzte gesagt, es entwickelt sich ganz gut, das kleinere Kind nimmt jetzt zu und ich konnte dann mal für ein paar Tage durchatmen. Leider haben wir uns zu früh gefreut, da bei der nächsten Untersuchung herausgekommen ist, dass der Gebärmutterhals zu kurz ist. Ich habe schon gemerkt, dass ich beim Gehen immer den Bauch hochgehalten habe, weil das auf den Gebärmutterhals gedrückt hat, weil die zwei natürlich dann auch an Volumen zugelegt haben. Das waren keine guten Nachrichten, ich musste mich einer weiteren Operation unterziehen, nämlich einer sogenannten Zerklage. Es ist jetzt meine Entscheidung, ob das eingesetzt wird oder nicht.

 

Tara:

Was ist das?

 

Frau Holle:

Das ist ein Band, das durch eine OP im Gebärmutterhals eingesetzt wird. Es ist so, als ob man quasi unten zusammengenäht wird, damit das Ganze zusammengehalten wird, weil sich der Gebärmutterhals eben auch verkürzt hat. Was ich herausgefunden habe, ist das auch ein bisschen ein umstrittenes Thema. Manche sagen, es wird für die Psyche der Frau gemacht, es ist nicht notwendig. Manche Ärzte sagen, es ist sehr wohl notwendig. Ich hatte dadurch aber schon auch ein Gefühl der Sicherheit, einfach weil es dadurch nach unten nicht so offen war, wie ich es im Vorfeld empfunden hatte.

Es war grundsätzlich die richtige Entscheidung, nur es war eben dann in der 23. Schwangerschaftswoche und es war wieder eine OP. Ich kann mich jetzt gar nicht mehr so erinnern, ich glaube, es war wieder ein Kreuzstich und wieder danach Wehen. Das wurde mir schon im Vorfeld gesagt, dass das wieder mit Wehen verbunden ist, genauso wie die Möglichkeit einer Frühgeburt wie auch bei der ersten OP, also das volle Programm. Der psychische Druck ist natürlich immer gestiegen und ich habe mich an manchen Tagen schon dermaßen aufgewühlt gefühlt, weil ich gar nicht mehr gewusst habe, wie ich klar denken kann. Aber ich hatte immer im Hinterkopf, jetzt habe ich es schon so weit geschafft, da komme ich auch noch durch.

Die Operation war dann vorbei, ich hatte wieder Wehen, wieder Tokolyse und ich glaube am 4. oder 5. Tag durfte ich dann nach Hause. Ich habe dann sehr viel im Internet gelesen. Ich habe alles was irgendwie gegangen ist probiert, beispielsweise habe ich gewisse Drinks, die das Problem ein bisschen ausgleichen sollen, zu mir genommen.

 

Man glaubt dann, man hat es nun geschafft und kann die Kinder länger im Bauch behalten. Das war dann aber leider nicht so. Ich musste mich sowieso jeden Tag mittags hinlegen durch diese Kurzatmigkeit oder einfach nur wenn ich mehrere Schritte gemacht habe, weil mir die Kinder einfach die Luft zum Atmen abgeschnürt haben. Deshalb hatte ich einfach diverse Erschöpfungszustände.

 

Auf Grund des Hausbaus hatte ich das Glück, dass wir vorübergehend dann bei meinen Eltern gewohnt haben. Mein Lebensgefährte ist dann an einem Tag in die Arbeit gefahren und ich bin aufgestanden, weil ich dachte, ich müsste aufs WC und hatte dann den Blasensprung, gefolgt von sofortigen Wehen. Ich bin irrsinnig nervös geworden. Meine Eltern haben dann den Notarzt kontaktiert. Nachdem wir am Land waren, hat es dann geheißen, sie müssen mich in ein Spittal am Land führen, sie dürfen mich nicht in mein zuständiges Spittal bringen. Das hat aber dann mein Papa ausgestritten und sie haben mich dann in mein Spittal gebraucht und da habe ich dann gar nicht gewusst, was jetzt los ist. Ist es vorbei, ist es nicht vorbei, geht’s weiter, natürlich wieder Tokolyse, zahlreiche Untersuchungen, bis man mir dann mal gesagt hat, Risikostation und ich komme aus dem Spittal nicht mehr hinaus.

 

Soweit heute mit dem Interview von Frau Holle. Nächste Woche geht es weiter mit dem dritten Teil des Interviews, wie es weitergeht, wie es zur Geburt kam, was diese Risikoschwangerschaft war und so weiter und so fort. All das lest ihr im nächsten Teil des Interviews. Für heute wünsche ich euch einen wunderschönen Tag, eine gute Nacht oder einen wunderschönen Morgen!

 

Eure Rosa Blume!

 

 

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