Liebe Leserinnen und Leser!
Nun der 4. und letzte Teil des Interviews mit dem Weißen Kreuz zu den Herausforderungen in Liebesbeziehungen mit Kindern!
Ernst: Wir sagen auch immer wieder in Eheseminaren, dass jede Ehephase Ressourcen schafft für die nächste Ehephase, wenn wir es positiv miteinander erleben. Ich denke, da liegt ein Stück weit ein Geheimnis drinnen, dass wir von Ehephase zu Ehephase Beziehung auch vertiefen können, wenn wir mit Wertschätzung einander begegnen und damit ein Kapital ansammeln, das bei einem ständigen Wechsel nie möglich wäre.
Barbara: Brigitte, wie hast du das mit dem Ernst erlebt und Dorothea, du mit dem Martin: Haben sich eure Männer im Laufe der Zeit stark verändert oder habt ihr das Gefühl, sie sind grundsätzlich eher stabil in ihrer Persönlichkeitsstruktur geblieben.
Ernst: Sollen wir rausgehen?
(Lachen)
Barbara: Nein, das dürft ihr schon hören.
Brigitte: Also ich habe etwas ganz Spannendes entdeckt, der Ernst hat sich auf jeden Fall auch verändert, zu meiner Freude auf eine positive Art und Weise. Wir versuchen ja auch, Respekt und Achtung voreinander zu leben, das mussten wir aber auch zuerst trainieren. Da gab es natürlich auch Verletzungen, bis wir das gekonnt haben. Mir kommt vor, je mehr ich selber ehrlich meine Meinung sage und auch selber lebe, hat sich das auch auf unsere Ehe ausgewirkt. Nur sagen nützt in diesem Fall nicht, denn dann ist es ja nur kritisieren, man muss es selber auch leben und versuchen, diesen Respekt zu geben.
Barbara: Was genau meinst du mit leben? Vielleicht verstehen manche Leute nicht, was gemeint ist, wenn du sagst, man muss es auch leben. Ich verstehe schon, was du damit meinst, aber ich kann mir vorstellen, dass es ein bisschen schwierig ist, wenn das jetzt jemand zum ersten Mal hört. Könntest du uns vielleicht ein Beispiel geben?
Brigitte: Wenn Ernst und ich zum Beispiel einen Konflikt haben und ich in diesem Konflikt verharre, dann geht es einfach um mich selber und um meinen Egoismus, ich habe recht und ich muss jetzt diesen Standpunkt vertreten. Ich merke aber in dem Moment eigentlich nicht, dass ich dadurch meine Ehesituation verschlechtere, weil ich ja stur bin. Und natürlich ist ja auch der andere stur. Wenn ich aber sage, ich habe eigentlich Respekt vor meinem Mann, ich liebe ihn, dann muss ich halt einen Schritt setzen und nicht nur sagen „man sollte“. Für mich heißt Respekt leben, dass ich auch ein bisschen kreativ werden und überlegen muss, was kann ich nun tun, damit es meinem Mann gut geht? Wie soll denn er mir Respekt geben, wenn ich es ihm auch nicht gebe? Wenn ich nun halt die bin, der es zuerst einfällt, dann muss ich es halt umsetzen.
So habe ich dann eine ganz einfache Sache angefangen, ich bin in Ernsts Büro hineingegangen und habe ihm einen Tee gebracht, bei uns ist das möglich, weil sein Büro nicht weit weg ist. Also ich tue ihm etwas Gutes, sodass er sieht, dass ich gar nicht böse auf ihn bin. Im Grunde tun ja Paare einander nichts aus Bosheit zu leide, sondern es passiert halt durch Missverständnisse. Dann bringe ich ihm einen Tee und dann kann es sein, dass er mich noch nicht anschaut, dass ich einfach den Tee hinstelle und irgendwann komme ich dann halt noch einmal zu ihm und sage zu ihm „Ernst, wir sollten darüber reden“ oder ich bringe ihm vielleicht eine halbe Stunde später noch einmal einen Tee. Man kann ja hundert andere Sachen machen, aber da habe ich einfach gemerkt, dass es fruchtet. Irgendwann wird er weicher und dann können wir miteinander darüber reden und so ist auch der Respekt in unserer Beziehung gewachsen. Heute brauche ich ihm vielleicht gar keinen Tee mehr bringen.
Ernst: Ich habe gelernt zu interpretieren, wenn eine Tasse Tee kommt, dann kommt bald darauf auch das Gespräch.
Brigitte: Wichtig ist glaube ich, dass man sich
wirklich auf den Weg macht und etwas umsetzt und zwar so, dass der andere nicht wieder einen Vorwurf, sondern Respekt bekommt. Ernst hat sicher auch einige Dinge gemacht, wo er mir Respekt
erwiesen hat und das schweißt uns einfach zusammen, weil wir merken, auch wenn wir nicht immer das machen, was der andere jetzt gerade möchte, so wissen wir doch, dass wir uns letztlich
respektieren, achten und das, was der andere tut, schätzen. Heute traue ich mich auch zu Ernst zu sagen, dass ich beispielsweise irgendwo nicht mitgehen möchte. Wir machen Seminare und manchmal
wird es mir ein bisschen zu viel, weil ich ja auch schon über 60 bin und er respektiert das dann auch und sagt, dass er mich versteht.
Ja, der Respekt zwischen uns ist wirklich gewachsen über die Jahre und von dem her finde ich es ganz toll – auch im Alter. Miteinander Alltag zu leben ist spannend, Ehe ist echt ein
Abenteuer.
Dorothea: Also beim Martin war es so, ich habe ihn kennen gelernt, als er gerade von einem Einsatz aus Brasilien zurückkam. Er hat einen extrem gut bezahlten Job aufgegeben, sein ganzes Hab und Gut verkauft, um Theologie zu studieren und so habe ich ihn kennengelernt. Das heißt, ich wusste, dieser Mann ist sehr still, sehr gediegen, aber da können extreme Dinge passieren. Und es war schon ganz gut, dass ich das wusste. Der Martin ist immer stabil geblieben und hat sich doch extrem verändert und das fand und finde ich total gut. Er hat dann auch Dinge gemacht, wo er gesagt hat, dass er das vor 15 Jahren noch gar nicht gemacht hätte. Er hat dann eine Ausbildung zum Psycho-Sozialberater gemacht und das hat ihn wiederum verändert. Ich selber hab die Ausbildung nicht mitgemacht, aber ich habe dann teilweise auch die Bücher mitgelesen und der Martin ist darin voll aufgegangen und hat gemerkt, da kann er sich noch verändern oder das ist ihm wichtig geworden oder das hat für ihn an Bedeutung gewonnen. Also ich würde sagen, so wie ich ihn kennen gelernt habe, ist er in seiner Grundpersönlichkeit stabil geblieben, das ist total schön und darum liebe ich ihn auch und darum bin ich auch sehr gerne mit ihm zusammen und doch hat er sich in vielen Dingen darüber hinaus weiter verändert. Natürlich geht auch etwas weiter, wenn sich etwas verändert und man sich darüber austauschen kann.
Das ist natürlich auch etwas, das uns verbindet, ich habe Fortbildungen gemacht und habe mich verändert und dadurch war das aber auch immer einfach im Gespräch. Das finde ich total schön. Es war ein Überraschungspaket, aber ich wusste eben, dass da was kommt und es wird immer noch spannend bleiben, weil ich ihn praktisch schon so extrem kennengelernt habe. Alles andere hätte ich aber gar nicht gewollt, also ich wollte schon so einen stabilen Abenteurer, also jemanden, der nicht leichtsinnig Risiken eingeht, sondern jemanden, der kalkuliert und nicht einfach auf Kosten anderer ins Leben hinein hüpft.
Also ich freue mich wirklich auf die nächsten 20 Jahre. Wir planen jetzt schon unsere Pension, wenn wir sie erleben dürfen und wir gesund sind, also wir hätten schon Ideen. Es dauert zwar noch ein bisschen, aber allein der Gedanke daran sättigt uns jetzt schon. Die Kinder sagen dann, darf ich denn dann nicht mitkommen und ich sage dann, nein du darfst dann nicht mitkommen, du bist dann erwachsen und hast dein eigenes Leben. Nein, es wird auch in Zukunft auf jeden Fall eine schöne Zeit werden, von dem her sind wir gespannt, wie die Veränderungen weitergehen.
Barbara: Dann danke ich euch für das Gespräch und liebe Hörer, wir werden sicher wieder ein Gespräch gemeinsam haben, dann werden wir über andere Themen reden. Ich glaube, es war aber ganz wichtig, einmal zu hören, wie zwei verschiedene Generationen umgehen mit Lebensveränderungen wie einer Ehe, Kindern, der Panik vor einem dritten Kind – was heutzutage auch sehr en vogue ist.
Also ich wünsche euch einen wunderschönen Abend, eine gute Nacht oder einen wunderschönen Morgen,
Eure Rosa Blume