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Unsichtbare Trauer

unsichtbare Trauer
unsichtbare Trauer

 

Liebe Leserinnen und Leser

Ich habe euch ja schon in der ersten Folge erzählt, dass ich euch peu à peu bekannt machen möchte mit unseren verschiedenen Beratungsbereichen und Angeboten, und heute möchte ich euch mit einem sehr, sehr, sehr sensiblen Thema bekannt machen. Wir haben eine Selbsthilfegruppe, die nennt sich „Unsichtbare Trauer“. Diese leitet meine Kollegin Tara, die ihr auch schon bei einigen Interviews gehört habt. Für heute habe ich mir gedacht, ich möchte sie zur Selbsthilfegruppe „Unsichtbare Trauer“ interviewen. Dieses Thema ist natürlich ein wahnsinnig sensibles Thema und sehr ideologisch besetzt. Wir wollen hier jedoch nicht in die ideologischen Gedanken eingehen, sondern wir wollen über unsere Erfahrungswerte berichten und euch über diese Selbsthilfegruppe aufklären. Tara, worum geht’s, warum „Unsichtbare Trauer“?

 

Tara: Darüber habe ich auch gerade nachgedacht. Wie und was soll ich darüber erklären. Im Grunde genommen geht’s darum, Frauen, die abgetrieben haben, werden stehen gelassen. Das heißt wenn sie einmal aus der Abtreibungsklinik rauskommen, stehen sie da und fühlen sich komplett verlassen. Was ich in meinen Beratungsgesprächen oft sage vor einer Abtreibung, wenn die Frauen bei mir sitzen, über eine Fehlgeburt darf man trauern, und zwar öffentlich, man wird begleitet, die Freunde, die Familie, die stellen sich um einen herum und nehmen die Trauer wahr. Man darf dieses Kind beerdigen, es wird öffentlich anerkannt, dass es das gegeben hat, auch wenn die Fehlgeburt noch früh passiert ist, in der 6. oder 8. Schwangerschaftswoche. Eine Abtreibung hingegen, die oftmals auch in der gleichen Zeit passiert, also bis zur 12. darf sie in Österreich straffrei vorgenommen werden. Aber das darf dann die Frau nicht mehr, sie steht allein, das heißt sie darf, sobald sie vor der Abtreibungsklinik steht, Kind ist weg, nicht mehr darüber sprechen, nicht darüber reden, wie es ihr jetzt geht. Und Tatsache ist, dass es vielen Frauen grottenschlecht geht danach. Sie leiden in den ersten drei, vier Tagen, das habe ich jetzt mittlerweile schon oft gehört, unter Albträumen, oder sie bekommen Träume von dem Kind, dass sie abgetrieben haben, dass es sie besucht, in Träumen, später kann dann vorkommen, dass sie Depressionen kriegen, auf alle Fälle Melancholie, die Welt ist nicht mehr dieselbe. Dann kommen mit der Zeit auch Schuldgefühle, sich alleine fühlen, sich verlassen fühlen, Panikstörungen. Und das sind alles Folgen von Trauer.

 

Barbara: Und hinzu kommt ja, die Erfahrung, die ich gemacht habe bei Frauen, die nach einer Abtreibung mit mir sprechen wollten, weil ich sie ja schon vor der Abtreibung begleitet habe und dann Monate später wieder anrufen, weil sie sagen, ob ich mir noch einmal Zeit nehmen würde für sie, denn sie haben abgetrieben und sie kommen damit gar nicht klar. Ich finde das ist auch für mich als Beraterin, und wahrscheinlich für uns beide und alle ist das so wirklich der größte Hammer, wie es den Frauen geht, also nach einer Fehlgeburt, geht’s den Frauen schlecht, das schafft man jedoch zu bewältigen. Aber wie es Frauen nach einer Abtreibung geht, die es nicht bewältigen können, die sind mit der Welt fertig. Die stellen die ganze Welt in Frage, und so wie sie vorher die Frauen, die Welt, und in ihrer Umgebung eigentlich das Gute gesehen haben, und sich auch vertraut haben,…obwohl sie nachher irgendwie das Gefühl haben, sie werden eigentlich von keinem wirklich ernst genommen, sie werden nicht wahrgenommen, was sie wollen, und wie es ihnen wirklich geht. Welche Schwierigkeiten sie haben, sie haben das Gefühl in ihrem Umfeld geht es jedem nur um sich selbst, und das ist so eine der ersten Phasen der Bewältigung der Abtreibung oder auch Nicht-Bewältigung der Abtreibung. Man kann natürlich nicht pauschalisieren, wir reden von den Frauen, die zu uns kommen.

 

Tara: Genau.

 

Barbara: Das Angebot dieser Selbsthilfegruppe richtet sich an Frauen, die damit eben nicht klarkommen, und die das Gefühl haben, die einzigen auf dieser Welt zu sein, die abgetrieben haben und die das nicht verarbeiten können. Daher wollen wir euch lieben Hörerinnen und auch Hörern, es gibt auch Männer die das betrifft, auch Kinder, Geschwister-Kinder, vor oder nach der Abtreibung geboren, die das betrifft, die damit nicht wissen, wie sie das bewältigen sollen und die wissen, dass da ein Schatten liegt, und sie können es nicht benennen. Unsere Selbsthilfegruppe liegt uns daher sehr am Herzen, weil wir einen Raum bieten wollen für eben diese Frauen, die abgetrieben haben und diese Abtreibung psychisch nicht bewältigen können.

 

Tara: Es ist so, sie können zu uns kommen, wir bitten darum, dass man sich vorher erstmal bei uns anmeldet, damit wir wissen, wer kommt einfach, auch ein bisschen ein Ahnung haben, wie lange die Abtreibung her ist. Es muss nicht nur ein paar Monate oder ein paar Wochen her sein, es kann Jahre zurückliegen, ich habe schon Frauen gehabt, die haben schon vor 30 oder 40 Jahren eine Abtreibung hinter sich gehabt, also es ist keine Zeitbegrenzung dabei. Also sich vorher anmelden, damit wir ein bisschen sehen, worum es geht. In dem Raum selber haben wir ein paar sehr einfache Regeln, dass wer da hinkommt weiß, dass absolutes Vertrauen herrscht, das heißt, wen wir dort sehen, der bleibt auch in diesem Raum. Das heißt, wenn ich dieser Person dann öffentlich mal auf der Straße begegnen sollte, kann ich sie schon begrüßen, es sei denn, man merkt, lieber nicht, weil ich vielleicht mit jemanden in Gesellschaft bin, der auch nicht weiß, dass ich abgetrieben habe, und dann fragen wird, woher kennst du denn diese Person. Wir wollen also die Anonymität der Betroffenen um jeden Preis wahren, weil wir wissen, dass es ein sensibles Thema ist, da auch sehr oft die eigenen Familienangehörigen nichts davon wissen. Was in den Räumen besprochen wird, bleibt auch in den Räumen, es wird nicht hinausgetragen, und es ist immer ein Moderator dabei, meistens ich, damit aufgepasst wird, damit auch ein respektvoller Ton bewahrt bleibt, das heißt keine Beschuldigungen sollen aufkommen, keine „du hast aber“, oder „mir geht’s so“…also keine Angriffe, weil das ein viel zu schweres Thema ist. Und wir wollen auch einen gewissen Rahmen schaffen.

 

Barbara: Uns geht’s wirklich darum, wir wollen euch Frauen helfen. Und wir wollen Frauen, die glauben, dass sie ganz alleine sind, und sie nirgends Hilfe bekommen, wir wollen euch die Hand öffnen und die Chance bieten, einen Weg zu finden, mit der Trauer umzugehen.

 

Tara: Und euch mit anderen austauschen können, das ist der Punkt. Zu wissen, dass ihr euch alleine fühlt, ich komme immer wieder auf dieses Thema zurück, ich seid nicht alleine, es gibt sehr, sehr viele andere, die sind genauso betroffen. Nur wenn man einmal abgetrieben hat, ist das Problem, dann wird’s tabu, dann darf man nicht mehr darüber reden, deshalb habe ich vorher von den Fehlgeburten gesprochen. Bei einer Abtreibung darf man meistens nicht mehr drüber reden, und deshalb fühlen sich die Frauen und Männer auch nachher abgeschnitten. Dieser Raum schafft eben diesen sicheren Ort, wo man drüber reden darf. Man kann auch einfach kommen und zuhören, man muss nicht sprechen, man ist einfach und braucht nur zuzuhören. Findet einmal im Monat statt, am vierten Dienstag des Monats, hier in Wien gibt es eine Gruppe, und es gibt eine in Stockerau, die wird am vierten Donnerstag des Monats abgehalten. Auch auf unserer Homepage könnt ihr die Termine nachlesen. Man kann sich auch über Meetup.com anmelden, da sind wir auch drinnen, immer unter dem Namen „Unsichtbare Trauer“. Wir freuen uns, wenn ihr kommen könnt.  Wir haben Taschentücher, jede Menge hier liegen, es gibt auch Tee und es darf auch gelacht werden. Bei einer Trauer darf man auch lachen. Es ist nicht wegen der Trauer, sondern es hilft zur Entspannung, dass man auch mal lachen kann. Der Mensch, wir verspannen uns innerlich sehr, wenn wir traurig sind. Dass durch Lachen sich auch Dinge lösen. Wir als Berater sind da, um euch zu helfen, wir werden euch psychologisch beraten oder begleiten aber hauptsächlich geht es darum, dass ihr auch Gleichgesinnte findet und entdeckt, dass ihr nicht mehr alleine seid.

 

Barbara: Soweit zu unserer Selbsthilfegruppe „Unsichtbare Trauer“.

 

Unsere Telefonnummer ist +43 664 2000466.

 

Ihr könnt uns auch eine Email schreiben, an beratung@lebensbewegung.at ich verlinke euch alles in den Show-Notes sowie andere Hinweise, die für euch wichtig sein könnten.

Ansonsten wünsche ich euch einen wunderschönen Tag, einen guten Abend einen wunderschönen Morgen!

Eure Rosa Blume

 

 

Termine für die Selbsthilfegruppe „Unsichtbare Trauer“

 

Wien:  Jeder 4. Dienstag des Monats; 19:00 Uhr

 

Achtung: Im August und Dezember findet keine Gruppe statt

 

Stockerau: Jeder 4. Donnerstag des Monats; 18:00 Uhr

 

Achtung: Im August und Dezember findet keine Gruppe statt

 

 

 

 

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